Eine faszinierende Idee: ein Grundeinkommen, das jedem ohne Vorbedingung ausbezahlt wird!
Das macht Menschen wirklich erst frei und selbstbestimmt - offen und mutig für kreativere Arbeiten, ohne Lohnzwang. Im Vergleich zu Arbeitslosengeld und Hartz IV führt dies auch zu einer sehr wünschenswerten Ent-Stigmatisierung. Und dies wird vorgeschlagen nicht von einem weltfremden Idealisten, sondern von dem Chef eines der grösseren deutschen Konzerne dm.
Mir leuchtet hier vieles ein, und ich sehne mich danach - traditionelle ('alte') Arbeit, d.h. Produktionsarbeit, sei es im landwirtschaftlichen oder Fabrik-Umfeld wird immer weniger, immer mehr wird rationalisiert, immer mehr von Maschinen übernommen. Diese Entwicklung ist in allen Ländern (je nach Stand) bereits zu sehen - und mit zunehmender Automatisierung und intelligenteren Maschinen werden solche Arbeiten allmählich 'frei'. Demgegenüber wird die 'neue' Arbeit, Arbeit am Menschen, Dienstleistungen, Pflege, kreative Arbeiten bleiben, bzw. immer mehr Bedarf entstehen. Momentan wird aber leider durch den Druck auf Vollbeschäftigung in klassischen Arbeitsstellen (grossenteils alte Arbeit) ein falscher Akzent, weg von der neuen und zukunftsträchtigen Arbeit gesetzt. Vollbeschäftigung im klassischen Sinn wird nicht mehr möglich sein.
Götz Werner spricht von der Abschaffung des Mangels, die zu beobachten ist - als historisches Beispiel führt er die Wiedervereinigung in Deutschland ein: quasi über Nacht konnte die westdeutsche Wirtschaft auch den Güterbedarf der ex-DDR befriedigen - ohne zu einer Inflation zu führen!
Die Finanzierung sieht er (ausschliesslich) durch die Mehrwertsteuer - d.h. der Konsumsteuer, die zwar einerseit deutlich erhöht werden müsste, andererseits durch Abschaffung aller anderen Steuern (die verdeckt doch einfach in den Preisen beim Endkunden eingerechnet sind) die eigentlichen Endpreise gar nicht unbedingt steigen müssen.
Mehr in Zitaten aus dem Buch:
Von der Selbst- zur Fremdversorgung: der Mensch heute ist Teil eines Geflechtes:
In der Folge stellt der moderne Mensch denn auch nichts mehr für sich selbst her, sondern er kauft alles ein. Das aber bedeutet: Wer an dieser Gesellschaft teilnehmen will, ist darauf angewiesen, ein Einkommen zu beziehen. Jeder von uns braucht ein solches Stück Teilhabe.
Der Selbstversorger kann seine eigenen Bedürfnisse befriedigen. Er darf, wenn man so will, ein hemmungsloser Egoist sein. In der Fremdversorgung kommen stattdessen zwei gegenläufige Phänomene zusammen: Auf der einen Seite steht der Konsument, der nach wie vor ein Egoist ist. Ihm gegenüber steht der Produzent, der nur dann ein guter Produzent ist, wenn er auch Altruist ist. Etwas technischer ausgedrückt: Je mehr sich ein Produzent an den Bedürfnissen seiner Kunden und je weniger er sich an seinen eigenen Bedürfnissen orientiert, desto erfolgreicher wird er sein. Egoismus in der Produktion ist so gesehen nichts anderes als Sand im Getriebe. Auf eine handliche Formel gebracht bedeutet Fremdversorgung: Altruisten versorgen Egoisten. Subjektiv ist das nur deshalb nicht immer zu erkennen, weil wir permanent beides zugleich sind.
Er findet auch harte Worte für die gegenwärtige Arbeitspolitik in Deutschland, speziell Hartz IV:
... sie sollen jede ihnen "angebotene" Arbeit annehmen. In letzter Konsequenz wäre das Zwangsarbeit. Die ist übrigens verboten ...
Wie man sieht, fusst die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen also im Kern auf den Grundlagen jeder freien, demokratisch verfassten Gesellschaft. Wie jedes andere Grundrecht ist auch das Recht auf Einkommen ein Menschen- und Bürgerrecht. Es ist sogar ein ganz elementarer Teil unserer Freiheitsrechte. Denn das Recht auf Freiheit beinhaltet sehr wesentlich das Recht, neine sagen zu können. Es beinhaltet zu Beispiel das Recht, eine bestimmte Arbeit abzulehnen.
... Rudolf Steiners Definition des Begriffs der "Ausbeutung": Ausbeutung geschieht immer dann, wenn ich eine Leistung so honoriere, dass sie nicht wiederholt werden kann. Dagegen ist es keine Ausbeutung, wenn ich eine Leistung so bezahle, dass sie erstens erneut erbracht werden kann. Und dass zweitens demjenigen, der die Leistung erbringt, auch noch die Möglichkeit gegeben wird, sich weiterzuentwickeln.
Jubel über den Fortschritt und Entsetzen über den Arbeitsplatzabbau. ... Tatsächlich sollte doch beides gleichermassen bejubelt werden: der Fortschritt durch Rationalisierung und der Abbau von Arbeitsplätzen in der Produktion und in allen weiteren Bereichen maschinell aufrüstbarer Tätigkeit. Denn der eigentliche Sinn der Rationaliseriung war doch immer schon das, was wir fortwährend weitertreiben und mehr und mehr perfektionieren: effizienter zu produzieren und Menschen von groben, gefährlichen und öden, monotonen, ergo unterfordernden Arbeiten zu entlasten. In letzter Konsequenz kann, ja muss man sich dem ketzerisch klingenden Satz des Soziologen Ulrich Beck anschliessen, ...: "Arbeitslosigkeit ist ein Sieg!"
Die vielleicht grösste Bedeutung des bedingungslosen Grundeinkommens liegt in der Abschaffung der Opferrolle. Die Leute, die nicht arbeiten wollen, die es in kleiner Zahl immer gab und geben wird, blockieren dann nicht mher die Arbeitsplätze. Und die Unternehmen müssen sich endlich fragen: Haben wir wirklich interessante Arbeitsplätze? Ein Unternehmen, das keine interessanten Arbeitsplätze bietet, wird sich gezwungen sehen, diesen Mangel durch bessere Bezahlung zu kompensieren. Denn die Freelancer, die wir dann alle sein würden, gehen nur dahin, wo eine interessante Aufgabe oder ein positives Klima locken.
Und zu alter und neuer Arbeit:
...zwei völlig verschiedene Kategorien von Arbeit ..: Arbeit an der Natur und Arbeit am Menschen, stoffliche Arbeit und ideelle Arbeit, Produktionsabrbeit und Kulturarbeit im weiteren Sinne. Kurz gesagt: Die vorherrschende Denkschule will ständig "alte Arbeit" schaffen, wo doch der eigentlcihe Mangel an sinnvollen, dringend notwendigen und echten Arbeitsplätzen in den Bereich herrscht, die ich mit dem Begriff der "neuen Arbeit" zu fassen versuche.
Die alte Arbeit, das ist die Arbeit an den stofflichen, den materiellen Grundlagen unserer Existenz. Alte Arbeit, das ist industrielle und ... handwerkliche Produktion von Gütern.
...
Für die "neue Arbeit", für die Arbeit am Menschen, für die Kulturarbeit gilt dagegen in fast allen Punkten das genaue Gegenteil. So lässt sich die Produktivität der Arbeit am Menschen nicht im gleichen Sinne permanent steigern. ... Wie sollte eine Verkäuferin es anstellen, produktiver freundlich zu sein? ... Noch lächerlicher wäre die Idee, die Produktivität eines Lehrers zu steigern ... Bei der Arbeit am Menschen geht es nicht um Produktivität und Effizienz, sondern um mitmenschliche Zuwendung. Weder Lehrerin noch Altenpfleger dürfen sparsam sein.
... geht es in der alten Arbeit im Wesentlichen um Einkommensmaximierung. ... Bei der neuen Arbeit geht es um etwas ganz anderes: Es geht um Sinnmaximierung. Je mehr Sinn zum Beispiel die Lehrerin oder der Lehrer in ihrer Arbeit sehen, desto besser und engagierter werden sie sie verrichten und desto mehr persönliche Befriedigung werden sie aus ihr ziehen - und zwar zunächst ganz unabhängig vom Einkommen, das sie mit dieser Arbeit erzielen können.
Unser Kernproblem ist folgendes: Der Arbeitsmarkt der Zukunft ist eigentlich diese neue Arbeit - die Arbeit am Menschen, die soziale Arbeit, die Kulturarbeit im weitesten Sinne. Von der alten Arbei sind wir durch unsere fünfte Schöpfung weitgehend entlastet worden, und wir werden uns auch in Zukunft weiter von ihr entlasten. In der Güterproduktion, der stofflichen Arbeit, setzen wir immer mehr Arbeitskraft frei. Zugleich erkennen wir die neue Arbeit in weiten Teilen nicht als "echte" Arbeit an - was man am besten an unserem nach wie vor abwertenden Begriff von Hausarbeit, besser gesagt von Familien- und Erziehungsarbeit, sieht.
... wesentliche Gedanke hinter der Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens: Es ermöglicht Arbeit, die man nicht bezahlen kann. Volkswirtschaftlich wirkt es nämlich vor allem als Lohnsubvention für die neue, relativ zur alten zu teure Arbeit. Kulturell dagegegn ist das bedingungslose Grundeinkommen vor allem ein Imputs für Freiheit - für die Schaffung von Freiräumen, das zu tun, was einem persönlich am sinnvollsten erscheint.
Politiker - Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel - sind im Prinzip keine innovativen, wirklich kreativen Menschen. Politiker sind Segler: Sie spüren, wenn der Wind sich dreht, dann erst ändern sie den Kurs. Neue Trends zu spüren und sie als Erste zu popularisieren, das können erfolgreiche Politiker am besten. ... Das Problem ist nur, dass in unserer Gesellschaft nicht genügend Wind erzeugt wird.
...
Die vielen Menschen, die sich mittlerweile für die Idee eines Grundeinkommens einsetzen, versuchen genau das: Druck für grundlegende Neuerungen aufzubauen und gesellschaftlichen Wind dafür zu erzeugen. Aber der Wind gibt nicht die genaue Route vor, auf der gesegelt wird, sondern nur die Richtung.
Zu Unternehmern:
Ich bin davon überzeugt, dass ein Unternehmen zu führen heute bedeutet, Wasserbauer zu sein. Als Wasserbauer modelliert man das Gelände und nicht das Wasser. Das Wasser fliesst nämlich nicht rechtsherum, weil der Wasserbauer dem Wasser sagt, dass es das soll, sondern weil der Wasserbauer das Umfeld so modelliert hat, dass es rechtsherum fliessen kann.
Eine wesentliche Aufgabe des Managements ist es also, möglichst viel freie Initiative im Unternehmen zu ermöglichen. Modernes ganzheitliches Management nuss alles unterlassen, was den Mitarbeiter in die Haltung zurückfallen lässt: "Wie gefalle ich meinem Chef?" Denn diese Haltung öffnet jeglichem Unfug und jedweder Form von Manipulation Tür und Tor.
Geldgeschäfte:
Der hohe Grad an Kapitalisierung begünstigt noch den Irrtum, dass Geld einen Wert an sich Habe. Grundsätzlich wird im reinen Geldverkehr ja tatsächlich überhaupt nichts geschaffen. Reale Werte entstehen nur in der Produktion oder durch nütliche Dienstleistungen. Doch wir glauben nur u gerne, dass Geld selbst Geld verdienen könne. Das funktioniert natürlich nur so lange, wie es in grossen Teilen der Wirtschaft immer noch um reale Produktion und Leistung geht.
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Spricht man mit Spekulanten, hört man immer nur von ihren enormen Gewinnen. Von Verlusten, dies es ja de facto gibt, hört man wenig. Letztendlich läuft alles auf ein Nullsummenspiel hinaus, wenn keine Wertschöpfung durch Produktion zugrunde liegt.
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Unser Sparwahn ist das Erbe unserer Selbstversorgungs-Vergangenheit, denn mentalsind wir immer noch Selbstversorger. .. Die Fremdversorgung hat historisch gesehen erst gestern eingesetzt, allerdings unumkehrbar.
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Wir leben eben in der Zukunft beziehungsweise im Alter nicht von dem, was wir heute eingezahlt haben, sondern von den Gütern und Dienstleistungen, die uns dann zur Verfügung stehen.
Unsere Fähigkeit, Produkte und Dienstleistungen hervorzubringen, übertrifft unsere Konsumfähigkeit. Dagegen ist es prinzipiell keine Aufgabe von Unternehmen, " Arbeitsplätze zu schaffen". Der Kapitalismus ist ein System zur Wohlstandsmehrung, zur Schaffung von möglichst vielen Produkten und Dienstleistungen zu möglichst günstigen Preisen, ergo unter möglichst effizientem Einsatz von Ressourcen. Der Kapitalismus ist mitnichten eine beschäftigungstherapeutische Veranstaltung.
Das Paradigma, von dem wir uns lösen mUussen, ist der Irrglaube, man arbeite für sich selbst und lebe von seinem geldlichen Einkommen.
Was mir fast am wichtigsten erscheint in der Essenz:
Wer nun glaubt, mit einem bedingungslosen Grundeinkommen stelle der Mensch seine Arbeit, besser gesagt: seine individuelle Initiative ein, der glaubt im Grunde, der Mensch könne oder müsse von aussen gelenkt werden. Er glaubt, ohne einen zumindest mittelbaren Zwang - den zur Existenzsicherung - springe der Motor der Initiative beim Menschen gar nicht erst an. Dabei entwickelt sich der Mensch im Kern doch durch Eigentätigkeit. Nur so erwirbt er seine Fähigkeiten, nur so kann er kreativ werden, nur so wird er überhaupt zum Individuum. Nur auf der Grundlage von Eigenantrieb und eigenen Fähigkeiten kann er sich zugleich in soziale Strukturen einbinden, kann er in von anderen bestimmten Abläufen tätig werden und von anderen festgelegte Aufgaben übernehmen.
Mehr noch: Die moderne Technik "überholt" den Menschen in allen Bereichen, die ihm durch Aussenlenkung abverlangt werden können. Rein mechanische, gar monotone Tätigkeiten beherrschen Maschinen eben viel besser als Menschen. Doch selbst die kompliziertesten Maschinen und Geräte bringen am Ende nur das hervor. wozu wir sie erschaffen haben. In allen Bereichen dagegen. die über das Bisherige hinausführen, ist menschliche Kreativität erforderlich. Kreativität erzeugt Unerwartetes, ein Roboter im Prinzip nur Erwartbares.
[Naja, dem letzten kann ich natürlich nicht ganz zustimmen - aber das ist eine andere Geschichte.]
Steuern:
Unternehmen zahlen überhaupt keine Steuern. Das ist für viele zunächst eine verblüffende Aussage. Oft gehe ich sogar noch weiter und sage: Eigentlich zahlt überhaupt niemand Steuern. Alle Steuern stecken am Ende in den Preisen.
...
Alle unsere Steuern werden von unseren Kunden bezahlt. Doch bis auf die offen ausgewiesene Mehrwertsteuer sind sie alle in unseren Preisen versteckt. Faktisch zahlen Sie alle also längst die von mir und anderen propagierte Konsumsteuer. Sie wissen es leider nur nicht, weil unser System von Ertrags- und Einkommensteuern das systematisch verschleiert.