Leben eines fernsehberühmten Journalisten – nach dem Höhepunkt, nach der Veröffentlichung des ‘Abrechnungs-Romans’ seines Sohnes. Als Aussteiger zieht er sich in die Alpen zurück und hauptsächlich in seinen Gedanken lernen wir die Vorgeschichte kennen. Ein Anti-Held, aber durch seine Gedanken doch so allzu menschlich. Sehr empfehlenswert, tolle Sprache.
“Alles wertete er ab, um es dann dennoch zu tun, genau wie vorher, genau wie alle anderen. Fernsehdebatten waren bedeutungslos, aber mein Vater war darin der unangefochtene Meister. Dokumentarfilme verfälschten immer die Lage, aber das hinderte ihn nicht daran, ausgezeichnete Dokumentarfilme zu drehen und Preise für deren Glaubwürdigkeit einzuheimsen. Besonders die Ehe war vollkommen sinnlos, aber in gewisser Weise war mein Vater verheirateter als all seine Freunde, die sich scheiden liessen.”
“Das Problem besteht darin, zu leben, dachte Cleaver. Oder vielmehr, gelebt zu haben, eine Version von seinem Leben zu haben, die man selbst erzählen kann. … Je überzeugender eine Dokumentation ist, sagte mein Vater immer – und das, hatte sein älterer Sohn geschrieben, ist typisch für seine defätistische Haltung –, desto sicherer kann man sein, dass sie lückenhaft ist oder glatt gelogen.”
“Ich wollte bewundert werden dafür, dass ich aufgehört hatte, bewundert werden zu wollen. Immerhin, dachte er, habe ich die angebotenen Zigaretten nicht genommen.”
“Andererseits, wäre es nicht viel erstaunlicher, wenn es anders wäre, wenn die Meinungen der Menschen ganz rein wären, nur rationalen und intellektuellen Uberzeugungen entstammten – was immer das bedeutete – und sie sich, nachdem sie sich diese reinen Meinungen gebildet hatten, daranmachten, sie im öffentlichen Leben umzusetzen, sich auf der Basis von gewissenhaftem logischen Denken in der Politik, dem Gemeinwesen oder in Interessengrupen zu engagieren?”